Guido Leutenegger

Es geht auch ohne Antibiotika

Der Kreuzlinger Guido Leutenegger ist Gründer das Fleischlabels "Natur Konkret" das strengere Kriterien als Bio-Suisse erfüllt. Einen Namen hat sich Leutenegger aber mit seiner ungewöhnlichen Marketingstrategie gemacht. Fleischkäufer können sich über einen Aktienkauf an ihrer Kuh beteiligen.  

Als Jugendlicher beobachtete Guido Leutenegger Vögel. Der immer knapper werdende Lebensraum, die Zerstörung von Hecken und natürlichen Waldrändern, beschäftigte ihn. Sein Herz schlug immer klarer für die Belange der Natur. Später kam er auch mit den ersten Wollschweinen und dann mit schottischen Hochlandrindern in Berührung. Er engagierte sich für Naturbelange, war einer der treibenden Kräfte für die Vogelinsel vor dem Kreuzlinger Hafen, die auch von Schottischen Hochlandrindern und Wollschweinen bevölkert wurde. Schliesslich wurde Leutenegger in den Stadtrat gewählt. Dort kam er mit der Landschaftsplanung in Kontakt und stellte auf Satellitenfotos fest, wie stark im Tessin die Alpen zuwachsen. Daraus entwickelte er ein Geschäftsmodell. Wieso nicht schottische Hochlandrinder dazu nutzen, die Flächen frei zu halten und die Biodiversität zu retten? Heute besitzt er über 900 schottische Hochlandrinder, verteilt auf mehrere Alpen und mehrere Talstandorte. Die Tiere weiden auf Alpen mit insgesamt 2’500 Hektaren. Wie die Tessiner es noch vor hundert Jahren taten, pflegt Leutenegger die Transhumanz. "Auch damit die Böden nicht überdüngt werden", wie er sagt. Guido Leutenegger geht mit seinen Kühen im April auf etwa 800 bis 1’000 Meter und folgt dann dem Bergfrühling immer höher. Das ausgezeichnete Fleisch ist nachhaltig produziert. Konsumenten können als Aktionäre einer Kuh auftreten und erhalten während fünf Jahren Fleisch als Dividende. Zuerst vertrieb er es unter dem Label von Bio-Suisse. Inzwischen hat er mit Natur Konkret ein eigenes Label kreiert, das strenger ist als jenes von Bio-Suisse. So arbeitet er mit deutlich grösseren ökologischen Ausgleichsflächen wie Hecken als sonstige Biobauern. Wegen der grossen Nachfrage arbeitet Leutenegger mit 82 Vertragsbauern zusammen, die ebenfalls Hochlandrinder halten und die strengen Kriterien erfüllen. So sind beispielsweise die biologischen Ausgleichsflächen grösser als dies bei der biologischen Produktion vorgeschrieben wäre. Neben dem Tessin produziert Leutenegger mittlerweile im Thurgau bei Ermatingen und bald auf dem Kranichhof in der Nähe Berlins.

Hühner dürfen länger leben

Leutenegger bietet Beteiligungen nicht nur an Rindern, sondern auch an Wollschweinen, aber auch an Hühnern. Es ist schon einige Jahre her, als Leutenegger erfuhr, dass es inzwischen nur noch drei Konzerne gibt, die europaweit die gesamte Hühnerproduktion kontrollieren. „Dagegen wollte ich etwas tun und legte mir Tiere von zwölf alten, traditionellen Rassen zu.“ Als er ein Jahr später hörte, dass 70 Prozent aller Hühner auch in der biologischen Fleischproduktion mit Antibiotika resistenten Bakterien belastet sind, dachte er ans Aufgeben. Interessenhalber liess er zahlreiche Fleischproben seiner Hühner im Institut für Lebensmittelsicherheit an der Universität in Zürich untersuchen und erlebte gemeinsam mit den dortigen Tierärzten eine grosse Überraschung: „Keine einzige Probe war belastet.“ Das spornte Leutenegger an, den Spiess umzudrehen. Anstatt aufzugeben entwickelte er ein Geschäftsmodell, wie er mit einer naturnahen Hühnerzucht ohne Antibiotikaeinsatz Geld verdienen kann. „Der wichtigste Punkt ist der Verzicht auf die gängigen und in ihrem Erbgut mit Resistenzen belasteten Hybridhühner.“ Leutenegger hält sich nun schneeweisse Bressehühner aus Frankreich, schwarze Jersey Giants aus den USA und schwarz-weisse Mechelner Hühner aus Belgien. Leuteneggers Hühner sind Zweinutzungsrassen. Sie bieten gutes Fleisch, legen aber auch genügend Eier. „Genügend, das heisst für mich etwa 250 Eier im Jahr und nicht jeden Tag ein Ei wie es Hochleistungsrassen machen“, erklärt Leutenegger. Seine Bresshühner brauchen viermal so lange wie Hybridhühner bis sie genügend Fleisch gebildet haben. "Dafür leben sie entsprechend länger. Und ihre Fleischqualität ist exzellent.“

Leutenegger züchtet seine Hühner in Einheiten, die mit einem Wagen und einem Zaun versehen sind. Bestückt sind sie maximal mit etwa 50 Tieren. Ihr Standplatz kann ohne Umstände verändert werden, so dass die Tiere immer wieder auf frischem Grasboden auslaufen können. Für Leutenegger ist dies ein zukunftsträchtiges Geschäftsmodell. „Vertragsbauern halten für mich im Nebenerwerb Hühnergruppen mit Wagen. Sie beziehen die ganze Ausrüstung und wir kaufen die schlachtreifen Tiere zurück.“ Eine Win-Win-Situation. Leutenegger: „Die Tiere leben frei, haben Platz und wir und die Bauern einen Verdienst.“ 

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